Eine Ära geht zu Ende

12.02.2018

Eine Ära geht zu Ende

Dr. Manfred Fuchs formte aus einem regionalen Schmierstoffhersteller einen globalen Markt- und Technologieführer der Branche. Nach 54 Jahren zieht er sich nun aus seinem Unternehmen zurück.

Seine eigentliche Leidenschaft war die Kunst. Doch sein Vater Rudolf Fuchs, Gründer des Unternehmens, ermutigte seinen Sohn zu einem bodenständigen Studium – und so schrieb sich Manfred Fuchs 1958 nicht an der Kunstakademie ein, sondern entschied sich für den Studiengang BWL an der Universität Mannheim.

Schon ein Jahr später traf die Familie mit dem Tod von Rudolf Fuchs ein schwerer Schicksalsschlag. Manfred Fuchs stellte sich der Verantwortung. Neben dem Studium absolvierte er seine Lehrjahre im Familienunternehmen und übernahm nach dem Examen 1963 dessen Leitung – gerade einmal 24 Jahre alt. Kreativität war jedoch auch in seiner neuen Aufgabe gefordert und so »modellierte« er aus dem regionalen Unternehmen in nur zwanzig Jahren einen »global  player« der  Schmierstoffbranche. Mit mehr als drei Dutzend Übernahmen in aller Welt setzte er seine Vision von einem weltweit tätigen Konzern um. Die bedeutendsten Akquisitionen: die französische Labo Industrie und die britischen Firmen Silkolene und Century Oils. Der FUCHS-Umsatz, der 1970 noch bei knapp 40 Millionen Euro lag,  bewegte sich 1990 bereits bei etwas über einer halben Milliarde Euro und überschritt 2002 erstmals  die  Milliardengrenze. Auch die Bedeutung des Asien-Geschäfts erkannte Dr. Fuchs schon sehr früh und schloss als eine der ersten deutschen Firmen bereits 1985 einen Joint-Venture-Vertrag in China – Voraussetzung für die erste Produktion in Yingkou.

Um die Expansion finanziell zu stemmen, entschloss sich der Unternehmenschef gemeinsam mit seiner Mutter und seinen beiden Schwestern im Jahr 1985 an die Börse zu gehen. Die Mehrheit der stimmberechtigten Aktien blieb jedoch stets im Besitz der Gründerfamilie – auch während der Kapitalerhöhungen der folgenden Jahre, an denen sich die Familie immer beteiligte. Mit rund 6 Milliarden Euro Börsenwert gehört FUCHS  PETROLUB heute zu den schwersten und erfolgreichsten Werten im M-Dax. Die Aktionäre konnten sich allein in den letzten 15 Jahren über eine Wertsteigerung von 3.400 Prozent freuen.

Stets war der Unternehmer ein harter Arbeiter, den eine hohe Disziplin auszeichnete. Rund 150 Tage im Jahr war er unterwegs, um den Konzern auszubauen und zusammenzuhalten. Selbst während seiner Reisen im Flugzeug, im Auto oder im Zug verschwendete der vielsprachige Frühaufsteher keine Zeit, studierte Akten, diktierte Protokolle – Zeitverschiebungen und Jetlag waren für ihn kein Thema.

Einer der Erfolgsfaktoren war die Positionierung von FUCHS als global agierender Spezialanbieter mit 10.000 Produkten für Anwendungen aller Art. Viele davon werden nach Kundenwunsch maßgeschneidert und entwickelt. Dr. Fuchs ist überzeugt von diesem Modell: Das Unternehmen sei groß genug, um global unterwegs zu sein, aber auch klein genug, um Nischen zu bedienen. Und auch für die Zukunft sieht er gerade in technologisch anspruchsvollen Bereichen noch viel Potenzial. Selbst in der Elektromobilität werde man hochwertige Schmierstoffe brauchen.

Es gelang Dr. Fuchs jedoch nicht nur, einen erfolgreichen Konzern aufzubauen – eine ebenso große Leistung war es, diesen Anfang 2004 nach 41 Jahren an der Spitze des Unternehmens  reibungslos an die nächste Generation, seinen Sohn Stefan, weiterzugeben, der ebenso wie sein Vater Betriebswirtschaft in Mannheim studiert hat. Vielleicht haben zu diesem problemlosen Übergang auch einige Charaktereigenschaften beigetragen, die beide auszeichnen. Weder Dr. Manfred Fuchs noch Stefan Fuchs halten viel von großspurigen Auftritten. Bescheidenheit ist ein Wert, der hoch gehalten wird im Haus Fuchs. Und der Vater ist stolz auf seinen Sohn, der die Globalisierung weiter vorangetrieben, die vielen Zukäufe in den Konzern integriert, die Strukturen gestrafft und das Lebenswerk seines Vaters ausgebaut und zu voller Blüte gebracht hat. Das Rezept für die gute Zusammenarbeit: Dr. Fuchs hat sich in die Entscheidungen seines Sohns und dessen Teams nie eingemischt und sich komplett aus dem operativen Geschäft zurückgezogen. Einen großen Teil seiner Aktien hat er bereits seinen beiden Kindern Susanne und Stefan Fuchs übertragen.

Im Aufsichtsrat begnügte er sich mit der Position des stellvertretenden Vorsitzenden und überließ den Vorsitz, wie schon zu seiner Zeit im operativen Geschäft, familienfremden Fachleuten wie Jürgen Strube und Jürgen Hambrecht, den ehemaligen Vorstandvorsitzenden des großen linksrheinischen Nachbarn BASF – für den langjährigen FUCHS-Chef stets ein Vorbild und Musterbeispiel an Solidität und gutem Management.

Seine Frau Lilo hat ihn immer unterstützt.

In der Metropolregion Rhein-Neckar ist Dr. Fuchs gemeinsam mit seiner Frau Lilo heute ein hochgeschätzter Förderer und Mäzen vor allem in den Bereichen Kultur und Wissenschaft. Am Herzen    lag und liegt ihm der Kaiserdom zu Speyer, das Nationaltheater Mannheim, die Kunsthalle, das Technoseum und die Universität Mannheim, um nur einige seiner langjährigen Engagements zu nennen: ein Einsatz, der mit zahlreichen Ehrungen honoriert wurde. So ist er Ehrenbürger seiner Heimatstadt Mannheim. Ihm wurde die Ehrendoktorwürde der Universität Mannheim verliehen, ebenso wie das Bundesverdienstkreuz, die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg und die Große Verdienstmedaille in Gold der IHK Rhein-Neckar.

Seine freie Zeit nutzt er jetzt jedoch vor allem für seine große Leidenschaft, die Malerei, die nie erloschen ist. Nur wenige Striche reichen ihm, um eine besondere Stimmung oder Atmosphäre zu skizzieren. In seinem Atelier reifen diese dann zu großen Gemälden. Seine ersten Kunstwerke zeigten Landschaften, Städte oder Stilleben, doch schon früh verwandelte sich sein Pinselstrich vom Realen zum Abstrakten. Heute bevorzugt Fuchs aktionsgeladene Schaffensprozesse mit Lack und Spray, einen Prozess, den er »Ästhetik des Zufalls« nennt. Der Erlös seiner Werke fließt in gemeinnützige Projekte. Einige seiner großflächigen, abstrakten Firmenkompositionen begrüßen den Besucher jedoch auch in der Firmenzentrale auf der Friesenheimer Insel in Mannheim.

 

Mit welchen Gefühlen verlässt Ihr Vater das Unternehmen?

Nach 41 Jahren als Vorstandsvorsitzender und 13 Jahren als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender ist ein solcher Schritt bei ihm und natürlich auch bei unserer ganzen Familie mit großen Emotionen verbunden. Doch mein Vater ist nun 78 Jahre alt. Er hat sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht und ist sehr froh, dass mit meiner Schwester Susanne ein Familienmitglied seine Stellung im Aufsichtsrat übernimmt. Dies ist auch ein Signal der Kontinuität an unsere Belegschaft.

Wie hat die Zusammenarbeit mit Ihrem Vater geklappt, als sie 2004 den Vorstandsvorsitz übernahmen?

Um ganz ehrlich zu sein, ich wollte zunächst gar nicht bei FUCHS einsteigen und hatte nach meinem Studium bereits einen Vertrag bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft unterschrieben. Da hat es mein Vater wirklich klug angestellt. Er hat mich 1994 zu einem dreimonatigen Praktikum in den USA bei seinem langjährigen Vertrauten Frank Kleinman überredet. Dies hat mir so großen Spaß gemacht, dass ich dann 1996 doch in die Firma eintrat. Dies habe ich noch keinen Tag bereut. Heute kann man sagen, dass der reibungslose Übergang an der Spitze des Unternehmens nach seiner außerordentlich erfolgreichen unternehmerischen Leistung diese noch gekrönt hat. Wer ihn kennt, weiß, er hat dies genau geplant und äußerst diszipliniert durchgezogen. Dass er sich nach seinem Ausscheiden aus dem Vorstand stets aus dem Tagesgeschäft herausgehalten hat, rechne ich ihm bis heute hoch an. Selbst wenn es zu einem Thema verschiedene Meinungen gab, waren die Diskussionen immer sachlich und von gegenseitigem Respekt geprägt.

Welches waren rückblickend die wichtigsten Entschei­dungen Ihres Vaters?

Er hat FUCHS durch zahlreiche Zukäufe zu einem » global player« in der Schmierstoffbranche gemacht und schon sehr früh die Bedeutung des China-Geschäfts erkannt, wo er bereits 1985 einen Joint-Venture-Vertrag unterzeichnete. Ein weiterer bedeutender Schritt war im selben Jahr der Gang an die Börse, um diese Expansion finanziell zu ermöglichen. Dass die Stimmenmehrheit trotz der nachfolgenden Kapitalerhöhungen immer in der Hand der Familie blieb, ist im Übrigen neben meinem Vater auch seinen beiden Schwestern zu verdanken, die sich an diesen Kapitalerhöhungen stets beteiligten – das war nicht immer einfach.

Und was waren nach seinem Ausscheiden aus dem Vorstand die Schwerpunkte seiner Tätigkeit?

Ich kann mich noch gut erinnern, dass er mich bat, eine neue Aufgabe für seine Sekretärin zu finden, deren& Unterstützung würde er spätestens in sechs Monaten nicht mehr benötigen. Das war eine grandiose Fehleinschätzung – bis heute zählt seine Sekretärin zu den meistbeschäftigten Kräften auf unserer Etage. Der Grund sind die zahlreichen ehrenamtlichen Aktivitäten meines Vaters, vor allem im Bereich der Kunst, Kultur und der Wissenschaft. Manchmal denke ich, wenn mein Großvater länger gelebt und mein Vater nicht so schnell Verantwortung in der Firma hätte übernehmen müssen, wäre er vielleicht Künstler geworden. Die Kunst liegt ihm sehr am Herzen – und in diesem Punkt unterscheiden wir uns auch. Umso dankbarer bin ich, dass er das Thema Sponsoring und ehrenamtliches Engagement mit hohem persönlichem Einsatz betreut – und ich mich so weitestgehend dem operativen Geschäft widmen kann. Außerdem führt er unser Family Office und verwaltet das Vermögen unserer Familie.

Wird Dr. Fuchs auch diesen ehrenamtlichen Bereich aufgeben?

Er wird sicherlich einige wichtige Funktionen, z. B. bei der Kunsthalle abgeben. Doch als Mäzen wird er weiter aktiv sein. Mein Vater und auch meine Mutter Lilo, die ihn immer sehr unterstützt hat, sind glücklicherweise beide gesund und können nun noch intensiver ihren Hobbys nachgehen, reisen oder sich ihren Enkelkindern widmen.

Wollen Sie Ihrem Vater noch etwas mit auf den Weg geben?

Ja. Ich möchte ihm meinen Dank ausdrücken und ihm sagen, dass ich sehr stolz auf ihn bin und mit großem Respekt auf sein unternehmerisches Wirken zurückblicke. Auch ich weiß, dass Eigentum verpflichtet.