Elektrofahrzeuge

22.09.2017

Elektrofahrzeuge

Der Markt für Elektrofahrzeuge stellt immer neue Bestmarken auf. Er verändert die Landschaft der Automobilindustrie, hat aber auch einen Einfluss auf Schmierstoffhersteller und andere Lieferanten der Branche. Technische Lösungen und Einstellungen zum Thema Mobilität stehen derzeit auf dem Prüfstand.

Für 2017 wird erwartet, dass der Verkauf von Fahrzeugen mit wiederaufladbaren Batterien weltweit die Millionengrenze überschreitet. Dieser Rekordwert demonstriert, wie schnell sich die Automobilindustrie verändert. Gleichzeitig wird bekannt, dass immer mehr Städte Fahrzeuge mit Dieselmotoren aus ihren Straßen verbannen möchten. In Paris, Mexiko-Stadt, Madrid und Athen könnte ein solches Verbot bis spätestens 2025 eingeführt werden. Der Branche, die dieses Jahr mit dem Verkauf von 77 Millionen Fahrzeugen mit einem wachsenden Anteil an Elektrofahrzeugen rechnet, stehen große Änderungen bevor.


„Es ist erkennbar, dass die Entwicklung in den unterschiedlichen Ländern mit unterschiedlicher Geschwindigkeit fortschreitet. Norwegen und die Niederlande haben große Anreize geschaffen und geben ein klares Ziel vor, ab wann nur noch Elektrofahrzeuge zugelassen werden dürfen. Dies sind auch die Länder mit dem höchsten Pro-Kopf-Anteil bei Elektrofahrzeugen. In anderen Ländern, einschließlich Deutschland, werden nicht so viele Elektrofahrzeuge verkauft. Dies beeinträchtigt jedoch nicht die Prognose für die Zukunft: Elektrofahrzeuge sind nicht mehr aufzuhalten und werden sich in manchen Regionen schneller etablieren, als wir es aktuell erwarten würden“, sagt Markus Garb, Head of Global Automotive Product Management bei FUCHS.


Garb betont, dass die Reichweite der Elektrofahrzeuge ein Schlüsselfaktor ist. Bei der aktuellen Technologie liegt sie normalerweise zwischen 100 und 300 Kilometer. Die nächste Generation an Elektrofahrzeugen wird sehr bald Strecken von über 500 Kilometer zurücklegen können. Dies könnte den Durchbruch bedeuten, einerseits weil 500 Kilometer für die private Nutzung größtenteils ausreichen und andererseits, da das Netz an Ladestationen immer dichter wird.

„Ich erwarte, dass wir bis 2030 in Europa sehr viele Elektrofahrzeuge sehen werden, besonders in den großen, dicht besiedelten Städten“, erläutert Garb. „In ländlichen Gegenden werden die Verbraucher teilweise auf Hybrid-Lösungen angewiesen sein.“

Verändertes Verhalten

Ein Blick auf die Fahrzeugstatistiken zeigt, dass China, die USA und Japan die größten Märkte für Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge und rein elektrische Fahrzeuge sind. 2016 wurde die Anzahl solcher Fahrzeuge auf knapp über 2 Millionen geschätzt. Das Wachstum lag bei 60 %, wobei der größte Anstieg in China verzeichnet wurde, wo 40 % der Verkäufe getätigt wurden. Trotzdem liegt der Anteil der Elektrofahrzeuge nur bei 0,2 % der weltweiten Flotte an leichten Fahrzeugen. Norwegen bildet eine Ausnahme und wird häufig als Vorreiter bei der Elektromobilität bezeichnet, was hauptsächlich auf die bevorzugte Förderung zurückzuführen ist. 2016 hatten Elektrofahrzeuge in Norwegen einen Marktanteil von 29 %. Die Niederlande liegen mit einem Anteil von knapp über 6 % auf Rang zwei, gefolgt von Schweden mit einem Marktanteil von ungefähr 3,5 % bei den Elektrofahrzeugen im Jahr 2016.


Parallel zu diesen Entwicklungen auf dem Markt der Elektrofahrzeuge wird das Konzept der Mobilität neu überdacht. Heute fahren wir mit unseren privaten Fahrzeugen oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln von A nach B. Wenn vollständig autonom fahrende Fahrzeuge möglich werden, wird erwartet, dass mehr Verbraucher – besonders in den größten Städten – kein eigenes Fahrzeug oder keinen eigenen Parkplatz besitzen werden. Stattdessen werden sie sich ein Fahrzeug kommen lassen, wenn sie eines brauchen. Dieses Fahrzeug wird dann weiterfahren, ohne nach einem Parkplatz suchen zu müssen, da es dank eines intelligenten Managementsystems direkt zum nächsten Kunden geleitet wird.


„Wir können davon ausgehen, dass dies für viele Menschen in Europa und anderen Regionen, einschließlich Asien, das Leben und die Mobilität verändern wird. Da jedoch die Entwicklung nicht in allen Regionen in gleichem Tempo fortschreiten wird, werden auf bestimmten Kontinenten weiterhin konventionelle Fahrzeuge unterwegs sein“, prognostiziert Garb.

Neue Technologien – neue Schmierstoffe

Wie wird sich also der Bedarf nach Schmierstoffen in Elektrofahrzeugen im Vergleich zu konventionellen Fahrzeugen verändern? Um dies herauszufinden, müssen wir zunächst definieren, was mit einem Elektrofahrzeug gemeint ist. Dabei muss zwischen rein elektrisch angetriebenen Fahrzeugen und Hybrid-Fahrzeugen unterschieden werden. Hybrid-Fahrzeuge verfügen weiterhin über einen kleinen Verbrennungsmotor, der die Reichweite verlängert, sowie über einen teilweise elektrifizierten Antriebsstrang.


„Bei den Hybrid-Lösungen gibt es viele verschiedene Konstruktionsansätze und heute weiß niemand, welches Konzept sich in 15 Jahren durchgesetzt haben wird“, erklärt Garb. „Alle OEM-Unternehmen probieren unterschiedliche Lösungen aus. Sie befinden sich selbst in einer Lernphase darüber, welche Konzepte zuverlässig und zukunftsfähig sind.“


Der Verbrennungsmotor in einem Hybrid-Fahrzeuge ist weiterhin auf Schmierung angewiesen. Da auch ein Elektromotor verbaut ist und der Verbrennungsmotor nicht wie in einem konventionellen Fahrzeug die gesamte Leistung alleine generieren muss, wird dieser Motor über einen kleineren Hubraum verfügen.
„Bei einem kleineren Hubraum steigen die Anforderungen an Wärme- und Alterungsbeständigkeit. Dies liegt daran, dass kompaktere Motoren auch besser gekapselt sind, was eine höhere Belastung für das Motorenöl bedeutet“, sagt Garb.


In kleineren Motoren mit mehr Leistung kommen heutzutage häufig Turbolader zum Einsatz. Dadurch steigen die Anforderungen an den Schutz gegen Ablagerungen und es werden sehr hohe Ansprüche an das Öl gestellt.  

Völlig neue Anforderungen  

„Da in der Zukunft mehr rein elektrisch angetriebene Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs sein werden, muss die Entwicklung von Motorenöl fortgesetzt werden. Das sind gute Nachrichten für Spezialisten wie FUCHS, die schnell auf neue Anforderungen reagieren können“, hebt Markus Garb hervor.
Wenn die Entwicklung rein elektrisch angetriebener Fahrzeuge intensiviert wird, werden auch andere Produktgruppen betroffen sein. Es werden völlig neue Anforderungen an Getriebeöl, Kühlmittel und Fette gestellt werden, da sie mit elektrischen Modulen, Sensoren und Schaltkreisen in Kontakt kommen und elektrische Energie sowie elektromagnetische Felder auf sie einwirken werden.


„Die Schmierstoffe müssen unter anderem für Kupferdrähte, elektrische Module, Spezialkunststoffe und Isoliermaterialien geeignet sein. Dies bedeutet, dass sie speziell auf die Schmierung in diesen Umgebungen abgestimmt werden müssen.


Darüber hinaus strahlen Motoren in Elektrofahrzeugen viel Wärme ab, die von den elektrischen Modulen abgeführt werden muss. Effektive Kühlkonzepte in diesem Bereich werden immer mehr an Bedeutung gewinnen. Ferner ist wahrscheinlich, dass die Elektromotoren zur Steigerung der Effizienz mit immer höheren Drehzahlen betrieben werden. Bereits jetzt werden brandneue Motoren entwickelt und unterschiedliche Schmier- und Kühlkonzepte diskutiert. Bei hochdrehenden Elektromotoren muss die Drehzahl im Antriebsstrang reduziert werden. Neue Untersetzungsgetriebe mit potenziell höheren Antriebsdrehzahlen und weniger Gangsprüngen werden daher realisiert werden.


Da das Untersetzungsgetriebe mit elektrischen Modulen kombiniert werden kann, muss das Getriebeöl auch mit den gewählten Modulmaterialien kompatibel sein. Dieser Wandel ist eine große Herausforderung für Entwickler von Schmierstoffen, da er erhebliche Veränderungen bei den Spezifikationen der Schmierstoffe zur Folge hat.


„Veränderungen stellen immer eine Herausforderung dar, aber wir bei FUCHS können uns schnell auf neue Anforderungen einstellen“, fasst Markus Garb zusammen. „Aktuell passen wir unsere Entwicklungsstrategien und konkreten Arbeitsmethoden an, um die Anforderungen an Schmierstoffe, die mit Komponenten von elektrischen Antrieben in Kontakt kommen, zu erfüllen. Dies gibt uns die Möglichkeit, unseren Horizont zu erweitern, und gewährleistet, dass wir auch in Zukunft an der Spitze der technologischen Entwicklung stehen.“