Erweiterte Bakterientests für die Metallbearbeitung

18.01.2018

Erweiterte Bakterientests für die Metallbearbeitung

Jahrelang hatte die Schmierstoffindustrie beim Einsatz von Öl-Wasser-Emulsionen mit Problemen der mikrobiologischen Verunreinigung in der Metallverarbeitung zu kämpfen.

Warum ist in der Schmierstoffindustrie die Mikrobiologie von Bedeutung?

Der hohe Wassergehalt (>90 %) und die chemische Zusammensetzung der Metallbearbeitungsflüssigkeiten schaffen einen günstigen Lebensraum für Bakterien und Pilze. Der bakterielle Abbau von Metallbearbeitungsflüssigkeiten führt zum Verlust wichtiger Eigenschaften: Viskosität oder pH-Wert ändern sich, was Korrosion und eine schlechtere Schmierleistung zur Folge haben. Anaerobe Bakterien – Bakterien, die in Gegenwart von Sauerstoff nicht leben oder wachsen – können Schwefelwasserstoffe und andere Gase erzeugen. Ein übermäßiges Keimwachstum, besonders Pilzwachstum, kann zu verstopften Filtern führen und die Metallbearbeitung beeinträchtigen.

Darüber hinaus stellt die Verbreitung von Bakterien und Pilzen ein potenzielles Gesundheitsrisiko für die Arbeiter dar. Kontakt mit Mikroorganismen kann zu Atemwegs- und Hauterkrankungen führen: Bakterien, die in Metallbearbeitungsflüssigkeiten überleben können, z. B. Enterobakterien oder Arten der Gattungen Pseudomonas und Mycobacterium, sind häufig potenziell pathogen.

Bakterien und Pilze können über das verwendete Wasser, durch Inokulation von in Schläuchen oder Leitungen gebildeten Biofilmen, durch Personen oder durch Partikel und Aerosole in die Metallbearbeitungsflüssigkeiten gelangen. Mangelhafte Flüssigkeitspflege ist häufig der Grund für die Verbreitung solcher Mikroorganismen.

Schon vor Jahren wurde festgestellt, dass die Standardmethoden der Mikrobiologie, wie sie in der Kosmetik-, Pharma- oder klinischen Industrie Anwendung finden, im Bereich der Schmierstoffe nicht direkt anwendbar waren. Die Produkte bestanden die konventionellen Resistenztests, z. B. den Challenge-Test, mit Leichtigkeit. Jedoch konnten sie in den Anlagen der Kunden eine bakterielle Verunreinigung nicht verhindern. Aus diesem Grund entwickelte FUCHS LUBRICANTES S.A.U. auf Basis der Standardmethoden eigene Methoden. Director of Research and Development, Gema Del Olmo, war maßgeblich an der Adaptation des überarbeiteten Challenge-Tests beteiligt. „Als ich 1997 zu FUCHS kam, arbeitete ich an der Entwicklung neuer löslicher Schneidflüssigkeiten ohne Bor. Eine Herausforderung dieser neuen Technologie war die Realisierung einer guten mikrobiologischen Resistenz“, erklärt Del Olmo. „Zur Prüfung dieser Eigenschaften musste ich einige Tests kreieren und entwickelte dann den ersten Challenge-Test.“ Variationen des Tests umfassten die Zugabe von zusätzlichen Nährstoffen zur Förderung des mikrobiellen Wachstums sowie die Nutzung von Bakterien, die von real verunreinigten Flüssigkeiten isoliert wurden, anstatt Bakterien aus Kultursammlungen zu verwenden. 

FUCHS Teammitglieder prüfen das Wachstum von Pseudomonas.

Heutige Herausforderungen

In Abstimmung mit der Forschungs- und Entwicklungsabteilung konzentriert sich das Labor bei FUCHS LUBRICANTES S.A.U. auf zwei Schwerpunktbereiche.

Ein Schwerpunkt ist die Unterstützung der technischen Leiter durch das Mikrobiologie-Labor, um so einen Mehrwert für die Produkte von FUCHS zu schaffen und zum Prozessmanagement für Kunden von FUCHS beizutragen.Das Mikrobiologie-Labor kann wiederkehrende Verunreinigungen (Pilze, Hefen oder Bakterien) durch konventionelle Methoden der Mikrobiologie isolieren und bestimmen sowie, in Zusammenarbeit mit dem Hospital Clinic de Barcelona, MALDI-TOF, biochemische Tests oder Verfärbungs- und Mikroskopie-Beobachtungen durchführen.

2016 schaffte das Labor einen Ultra-Tiefkühlschrank (-80 °C) an, um isolierte Mikroorganismen zur späteren Nutzung aufzubewahren. Die Langzeitaufbewahrung von Bakterienstämmen ist ein zentraler Aspekt, da alle Tests mit autochthon angepassten Stämmen durchgeführt werden. Zusätzlich kann unter Verwendung von aus dem Feld isolierten Pilzen und Bakterien auch die Effektivität von Bioziden, entweder zur Behandlung oder zum Schutz in Produkten, bewertet werden. Dies wird durch die Anwendung adaptierter klinischer Mikrobiologietests durchgeführt, beispielsweise der Kirby-Bauer-Test oder MIC-MBC-Tests.

Der zweite Schwerpunkt liegt in der Erbringung  von Dienstleistungen für alle FUCHS F&E-Abteilungen weltweit, hauptsächlich um die Resistenz von FUCHS-Produkten gegenüber einer mikrobiellen Verunreinigung zu prüfen. „Das Wissen über unsere Produkte und die Bestimmung ihrer wahrscheinlichen Leistung im Einsatz ist ein wichtiges Merkmal“, erläutert Dr. Eulàlia Martínez Pascual, Head of the Microbiology Lab bei FUCHS LUBRICANTES S.A.U. „Die Entwicklung von resistenteren löslichen Produkten wird zu besseren Ergebnissen mit weniger häufig auftretenden Verunreinigungen führen und somit eine längere Produktlebensdauer erzielen.“

In den letzten Jahren haben Veränderungen der Rechtsvorschriften zu Bioziden (BPR) sowie der Einstufung von Stoffen (CLP) dazu geführt, dass Formulierer auf neue Technologien zurückgreifen, um weniger aggressiv Produkte herzustellen. Die neuen Formulierungen werden im FUCHS Mikrobiologie-Labor unter Anwendung der adaptierten Challenge-Tests getestet, um die optimale Zusammensetzung zu bestimmen. Aufgrund technischer Produktentwicklungen sowie neuer Anforderungen und Bedürfnisse ist es zwingend erforderlich, die verwendeten Methoden weiterzuentwickeln und zu verbessern.

Forscher bei FUCHS beurteilen Schnellerkennungsverfahren für die Bestimmung von Bakterien.

Eine FUCHS-Expertin begutachtet eine Probe unter dem Mikroskop, während eine anderer Mitarbeiterin Kulturen für Musterproben vorbereitet.

Seit 2016 hat FUCHS den Challenge-Test angepasst, damit er neben Metallbearbeitungsflüssigkeiten auch für weitere Anwendungen genutzt werden kann. Veränderungen der Rechtsvorschriften haben auch andere Produktspezialisierungen, beispielsweise für die Bereiche Abschrecken, Bergbau oder Bauwesen, betroffen. Viele Produkte mussten an die neuen Anforderungen angepasst werden. Dies bedeutet, dass neue Chemikalien mit potenziellem Einfluss auf die Produktstabilität und -leistung in die Formulierungen eingebracht wurden und daher sichergestellt werden musste, dass die Produkteigenschaften unverändert bleiben. „Das Mikrobiologie-Labor bringt uns den Vorteil, dass wir das Verhalten unserer Produkte bewerten können. In unserem internen Prozess sind wir sicher, dass unsere Produkte nicht kontaminiert sind und unsere Kunden können überzeugt sein, dass bei sachgemäßer Verwendung unserer Produkte ihre Emulsionen sicher sind“, ist Del Olmo überzeugt. „Dank des Challenge-Tests können wir jede Modifikation an unseren Formulierungen sowie Neuentwicklungen prüfen und sicherstellen, dass die mikrobiologische Resistenz höchsten Ansprüchen genügt und die Bedürfnisse unserer Kunden erfüllt. Wir können unterschiedliche Produkte und Technologien vergleichen und für jede Anwendung die beste Option auswählen. Außerdem können wir Grenzkonzentrationen bestimmen, also die Mindestkonzentration, mit der Kunden arbeiten sollten, um sicherzugehen, dass keine Probleme mit Verunreinigung auftreten.“

Um ihre Anwendbarkeit bei verwendeten Mustern zu bewerten, arbeitet das Labor permanent an schnellen Nachweisverfahren. Schmierstoffe sind eine sehr komplexe Matrix und die verfügbaren Methoden sehen sich mit Nachweisprobleme konfrontiert, weshalb ihre Effektivität, Präzision und Geschwindigkeit sorgfältig beurteilt werden muss. In den letzten Jahren wurden verschiedene bestehende Methoden getestet. 

Zukünftige Ziele

Die Zukunft bringt neue Ziele, beispielsweise die Entwicklung von Methoden für den schnellen Nachweis von Mikroorganismen, um die Servicequalität zu verbessern.

Resistenz gegen Biofilmbildung ist ein weiteres wichtiges Thema. Biofilme sind in den meisten Umgebungen der vorherrschende Lebensraum für Bakterien, wo sie wachsen und sich an einer Oberfläche festsetzen. Biofilme können Störungen in Maschinen und zentralisierten Systemen verursachen und eine kontinuierliche Bakterienquelle in Metallbearbeitungsflüssigkeiten darstellen. Das Wissen, wie ihre Bildung verhindert und wie sie beseitigt werden können, macht bei der Wettbewerbsfähigkeit für FUCHS den Unterschied aus.

Das Mikrobiologie-Labor ist offen für neue Herausforderungen, die durch Gesetzesänderungen und Markttrends hervorgerufen werden. Es konzentriert sich stets darauf, die Kunden von FUCHS sowe die gesamte FUCHS-Gruppe bei der Bewältigung der Herausforderungen des mikrobiellen Abbaus zu unterstützen.