Neue Additive, neue Messverfahren
Gerade diese neuen elektrischen Anforderungen an Schmierstoffe sind ein Thema, das auch die Entwicklungsabteilung von FUCHS seit längerem beschäftigt. „Wir mussten uns ein ganz neues Repertoire erarbeiten, um die elektrischen Eigenschaften von Schmierstoffen in bestimmtem Maße beeinflussen zu können“, erzählt der Leiter der Vorausentwicklung. Das schließt die Verwendung ganz neuer Additive ebenso ein wie die Entwicklung entsprechender Messverfahren: „Rheologische und tribologische Messmethoden unter elektrischen Umgebungsbedingungen sind bereits jetzt in unserem Labor etabliert.“ FUCHS sei allerdings in einer guten Ausgangsposition gewesen, weil man im Rahmen der zahlreichen elektrischen Detaillösungen im Fahrzeug schon wichtige Erfahrungen gesammelt habe: „Auch ein Auto mit Verbrennungsmotor hat ja Dutzende Elektromotoren, die verschiedenste Funktionen übernehmen“, so der Bereichsleiter. „Jetzt geht es sozusagen ‚nur’ noch darum, den Primärantrieb zu elektrifizieren – das ist allerdings eine größere Herausforderung, als man meinen könnte.“
Was diese Aufgabe angeht, befindet sich die Branche nämlich durchaus noch in einer frühen Phase. „Der Laie denkt vielleicht: Staubsauger mit Elektromotor gibt es seit hundert Jahren, also wo ist das Problem?“, sagt der Vorausentwicklungsleiter. Aber die Anforderungen sind überhaupt nicht vergleichbar: „Autos werden ungleich dynamischer betrieben.“ Und er nennt gleich einen weiteren wichtigen Aspekt, die Energieeffizienz: „Für E-Antriebe ist die Reibungsminderung durch Schmierstoffe im Grunde noch wichtiger als für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor: Ist beim Verbrenner gegenwärtig die CO2-Reduktion oberstes Entwicklungsziel, so beim E-Auto die größere Reichweite – beides basiert nicht zuletzt auf Reibungsreduktion.“
Hinzu kommen hohe Erwartungen, was Leistung, Gewicht und ganz besonders die Kosten angeht. „Es werden ja momentan verschiedenste Ansätze für teilweise oder ganz elektrifizierte Antriebsstränge verfolgt. Egal welchen Sie nehmen – bei jedem gibt es Punkte, die dringend optimierungsbedürftig sind“, so der Experte bei FUCHS. „Deshalb weiß heute noch niemand, welches Konzept in 20 Jahren vielleicht etablierter Standard sein wird.“