Einen Dreh weiter: PU-Fette von FUCHS

26.10.2023

Einen Dreh weiter: PU-Fette von FUCHS

Lithium – beim Gedanken an den heiß begehrten Rohstoff bekommt mancher Einkäufer Herzrasen. Denn an Lithiumschmierfetten kommt man in den meisten Anwendungen nicht vorbei, allerdings ist der Rohstoff äußerst gefragt und sehr knapp und erlebt deswegen rasante Preisanstiege. Gesucht sind Alternativen für Bereiche, in denen es technisch sinnvoll ist. Polyharnstoff-Fette sind ein heißer Kandidat – und in der Entwicklung von FUCHS in einigen Fällen sogar überlegen. Das zeigt das Beispiel Windkraft.

756 Prozent in zehn Jahren – so prognostiziert das Datenportal Statista den weltweiten Anstieg in der Nachfrage nach Lithium bis zum Jahr 2030. Das bedeutet Ressourcenknappheit. „Großen Anteil daran hat die Elektromobilität“, sagt Tristan Rahm. Er ist Produktmanager für Windkraft bei FUCHS LUBRICANTS GERMANY. „Einer der Hauptbestandteile von Batterien ist Lithium. Das kann zu Engpässen bei der Lieferfähigkeit führen. Es ist daher sinnvoll, sich nach Alternativen umzusehen.“ Das gilt auch für die Schmierstoffindustrie, denn: Wo Schmierfette verwendet werden, sind meist Fette auf Lithiumbasis Standard. Der Grund ist einfach: sehr gute Eigenschaften unter fast allen Bedingungen.

PU-Schmierfett: die nächste Generation

FUCHS investiert seit Jahren in eine Technologie, die Kunden unabhängig von Preissprüngen, Ressourcenknappheit und der Lieferfähigkeit von Lithium machen kann: Die Rede ist von sogenannten PU-Fetten, wobei das PU für Polyurea, den Polyharnstoff, steht. In Kaiserslautern hat FUCHS im Jahr 2021 das weltweit modernste Werk zur Produktion von PU-Fetten in Betrieb genommen.

Die Rohstoffe zur Herstellung dieser Fette sind günstiger als Lithium. Aber das ist nicht der einzige Vorteil. Sie besitzen grundsätzlich Eigenschaften, welche die der Lithiumfette in bestimmten Anwendungsbereichen übertreffen. Ihre sehr gute Hitzebeständigkeit beispielsweise. „Dank intensiver Forschung konnten wir unsere PU-Schmierfettkombinationen auch in Bereichen verbessern, in denen sie bisher den Lithiumfetten unterlegen waren“, erklärt Windkraftexperte Tristan Rahm. „Bei der Beständigkeit gegen extrem tiefe Temperaturen etwa. Und diese Kombination macht sie unter anderem für Anwendungen in Windkrafträdern äußerst attraktiv.“

Extrem robust

„Bei der Schmierung des Generatorlagers in Windrädern entstehen bei 1000 bis 1500 Umdrehungen pro Minute Temperaturen von bis zu 100 Grad Celsius“, erklärt Tristan Rahm. „Wenn das Fett nicht standhält und zu stark erweicht, kann der Generator Schaden nehmen, was zum Ausfall des Systems führt.“ Dass Schmierfette eben nicht ihr Konsistenzniveau verlieren und dort bleiben, wo sie aufgetragen werden, ist der Hauptgrund für ihre Verwendung – und ihr entscheidender Vorteil gegenüber Ölen. Lager und Antriebswellen etwa, die häufig nur ein Mal in ihrer Lebensdauer geschmiert werden, schützt man deswegen durch Schmierfette vor Verschleiß und Korrosion.

Unter bestimmten Bedingungen können allerdings selbst Schmierfette wesentliche Anteile ihres Öls verlieren. Das hängt stark von ihrem chemischen Aufbau ab. In Schmierfetten wird ein Basisöl vom sogenannten Verdicker festgehalten – ähnlich wie Wasser von einem Schwamm. Bei großer mechanischer Belastung, starken Vibrationen oder eben bei sehr hohen Temperaturen kann sich das Öl aus dieser schwammartigen Struktur lösen. PU-Fette bleiben bei hohen Temperaturen jedoch länger in ihrer Struktur stabil und können damit auch länger das Öl abgeben beziehungsweise auch wieder aufnehmen als Lithiumseifen. „Bei Windkrafträdern, die bis zu 25 Jahre laufen sollen, ist das enorm wichtig“, sagt Tristan Rahm.

„Dank intensiver Forschung konnten wir unsere PU-Schmierfettkombinationen auch in Bereichen verbessern, in denen sie bisher den Lithiumfetten unterlegen waren – etwa bei der Beständigkeit gegen extrem tiefe Temperaturen.“

Tristan Rahm, Produktmanager für Windkraft bei FUCHS LUBRICANTS GERMANY
Stark bei Minusgraden durch Hybridtechnologie

Schmierfette in Windkraftanlagen müssen allerdings nicht nur mit Hitze zurechtkommen. An den Standorten der Anlagen kann es mitunter auch sehr kalt werden. „Steht eine Windturbine zum Beispiel nördlich von Norwegen in der Nähe der Arktis, muss sie auch bei minus 40 Grad Celsius ohne großen Widerstand anlaufen. Das geht natürlich nicht, wenn das Fett gefroren ist“, erläutert Tristan Rahm.

Hierbei waren PU-Fette bisher den Lithiumfetten unterlegen. Doch FUCHS ist es gelungen, seine PU-Fette beständiger gegen tiefe Temperaturen zu machen – ohne ihre Hitzebeständigkeit zu verlieren. „Durch eine patentierte Verdickertechnologie kombinieren wir andere Verdickertypen mit Polyharnstoff. Calciumseife zum Beispiel. Diese bringt noch bessere Tieftemperatureigenschaften mit als Lithiumseife – und eine sehr gute Wasserbeständigkeit.“ Auch das ist eine enorm wertvolle Eigenschaft, insbesondere für den Betrieb von Off-Shore-Windkraftanlagen, die permanent mit hoher Luftfeuchtigkeit und Regen konfrontiert sind und damit der Gefahr von Korrosion oder eindringendem Wasser. Durch die extrem zuverlässige Leistung der PU-Fette in Sachen Reibungsminderung, Lebenszeitschmierung und Korrosionsschutz wird der grüne Strom also so nachhaltig produziert wie möglich. „Durch unsere Hybridverdicker“, fasst Tristan Rahm zusammen, „vereinen wir die besten Eigenschaften zweier Verdickertypen.“ Dank dieser Technologie kann FUCHS Fette noch besser auf bestimmte Anwendungen maßschneidern als bisher.
 

Sehr großes Nachhaltigkeitspotenzial

Auch in puncto Nachhaltigkeit eröffnen die PU-Fette von FUCHS neue Möglichkeiten. Gemeinsam mit externen Partnern wie Fraunhofer Institute oder Rohstoff-Lieferanten evaluiert FUCHS beispielsweise neue Wege, um die benötigten Rohstoffe CO2-neutral und vollständig aus nachwachsenden Rohstoffen und Biomasse zu gewinnen – ohne Einbußen in der Performance der Schmiermittel. Zudem ist der Energieverbrauch in der Herstellung geringer als bei Lithiumfetten.

Nicht ohne Grund sind PU-Schmierfette in verschiedenen Branchen immer gefragter. Nicht nur in der Windkraft, sondern auch in der Lebensmittelbranche oder im Antriebsstrang von Fahrzeugen. In der E-Mobilität spielen sie bereits jetzt eine wichtige Rolle.
 

KURZINTERVIEW

Eine kluge Wahl

Polyharnstoff-Fette werden in vielen Branchen immer beliebter. Im Bereich Bau sind sie den größten Herausforderungen gewachsen. Warum, das erklärt Florian Hahn, Head of Product Managment Greases bei FUCHS.

Welchen Anforderungen begegnen Schmierfette im Bereich Bau?

Hauptaufgabe des Schmierstoffs ist die Erbringung der technischen Leistungsfähigkeit. Das ist das Grundbedürfnis des Kunden. Umweltverträglichkeit sowie biologische Abbaubarkeit werden aber gleichzeitig immer wichtiger. Bei zwei technisch gleichwertigen Produkten kann also der ökologische Faktor immer entscheidender werden. 

 

Welche Herausforderungen können PU-Fette besonders gut meistern?

Ich würde sagen: Reibwerte vermindern und damit Energiebedarf und CO2-Ausstoß reduzieren. Außerdem können wir sehr leistungsfähige PU-Fette herstellen, mit denen wir Laufzeiten und Nachschmierintervalle verlängern. Das gilt natürlich nicht exklusiv für PU-Fette. Es muss eben der richtige Schmierstoff für die jeweilige Anwendung sein. Und das ist bei FUCHS immer häufiger ein PU-Fett.

 

Gibt es Anwendungen im Segment Bau, in denen PU-Fette Vorteile gegenüber Seifenfetten haben?

Ja, beispielsweise Anwendungen mit hohen Temperaturen oder starken Vibrationen. PU-Fette haben eine verhältnismäßig niedrige Ölabscheidung. Unter Vibrationen verlieren sie weniger Öl als andere Fette. Ansonsten gilt auch hier: Die Auswahl des richtigen Fetts macht den Unterschied, unabhängig vom Verdicker. Allgemein kann man dennoch sagen: Die Eigenschaften von PU-Fetten sind für die technischen Anforderungen der Bauindustrie sehr vorteilhaft.