„Wir haben es selbst in die Hand genommen. Das ist typisch FUCHS.“

07.12.2020

„Wir haben es selbst in die Hand genommen. Das ist typisch FUCHS.“

Im Frühjahr 2019 begibt sich die FUCHS-Gruppe auf die Reise zur neuen Geschäftsstrategie FUCHS2025. Der Konzern, der in den Jahren zuvor sehr erfolgreich und schnell gewachsen ist, will damit sein Wachstum auch in Zukunft sichern. Anderthalb Jahre später erzählen CEO Stefan Fuchs und Rouven Acquaviva, Head of Strategy Development, was FUCHS2025 für das Unternehmen, seine Kunden, seine Mitarbeiter bedeutet – und wie der Weg dorthin aussah. Ein Gespräch über neue Perspektiven, kulturelle Vielfalt und Teamgeist.

Being First Choice – Teil 1

Im März 2019 kommen am FUCHS Hauptsitz in Mannheim vierzehn Manager der Unternehmensgruppe zusammen, angereist aus sämtlichen Regionen der Welt. Rouven Acquaviva, zu diesem Zeitpunkt seit wenigen Wochen Head of Strategy Development, ist dafür verantwortlich, die Gruppe in jedem Fall zu einem brauchbaren Ergebnis zu führen. Denn bei diesem Meeting geht es um die Zukunft des Unternehmens: Es ist das erste Treffen in einer Reihe von vielen zur Entwicklung der neuen Geschäftsstrategie. Auch CEO Stefan Fuchs ist anwesend, Vorsitzender der Geschäftsführung seit 2004.
Jetzt, im Spätsommer 2020, sitzen Stefan Fuchs und Rouven Acquaviva im Büro des CEO. Während die Sonne durch die breite Fensterfront und über den funkelnden Rohren des Betriebs-geländes scheint, sprechen beide über das Abenteuer FUCHS2025.

Herr Acquaviva, warum gibt es FUCHS2025? Was ist der Kern dieser Strategie?
Rouven Acquaviva: Wir wollen unsere vorhandenen Stärken globaler nutzen und sie weiter ausbauen. Dazu haben wir uns mit FUCHS2025 einen strategischen Rahmen gesetzt.

Warum gerade jetzt?
Stefan Fuchs: Wir waren sehr erfolgreich in den letzten Jahren, sind schnell gewachsen, haben Werke modernisiert und neue gebaut. Wir haben Umsatz und Rendite gesteigert. Das ist der perfekte Moment, um das Unternehmen so weiterzuentwickeln, dass es auch in Zukunft wachsen kann. Das ist der Zweck von FUCHS2025.

„Das ist der perfekte Moment, um das Unternehmen so weiterzuentwickeln, dass es auch in Zukunft wachsen kann. Das ist der Zweck von FUCHS2025.“

Stefan Fuchs, Vorstandsvorsitzender

Das große Ziel ist also weiteres Wachstum?
Stefan Fuchs: Richtig. Bis dato haben wir nicht alle PS auf die Straße gebracht, nicht konsequent alle Chancen genutzt. Das werden wir jetzt tun. So wollen wir überall „First Choice“ sein. Wenn jemand an Schmierstoffe denkt, egal ob potenzielle Mitarbeiter oder Kunden, soll er an FUCHS denken.

Wie wollen Sie das genau tun?
Rouven Acquaviva: Wir haben uns Ziele gesetzt. Einige davon sind sehr konkret – zum Beispiel unsere drei großen Forschungs- und Entwicklungszentren in Chicago, Shanghai und Mannheim auf den gleichen Leistungs- und Kenntnisstand zu bringen. Und dann gibt es Ziele, die nur einen Rahmen setzen: Zum Beispiel, dass wir in unseren Zielsegmenten Technologieführer sein wollen. Hier müssen wir regelmäßig überprüfen, wie wir diese Ziele in einem sich ändernden Marktumfeld erreichen können.

Sämtliche Ziele von FUCHS wurden mit FUCHS2025 in sechs sogenannte strategische Säulen gegossen. Sie sind die Grundlage der FUCHS2025-Strategie und dienen als Orientierungsrichtung für das strategische Handeln im Unternehmen – ein Handeln, das eine bestimmte Vision verfolgt: „Being First Choice“, die erste Wahl zu sein, für Kunden, Partner und Mitarbeiter.

Bringt die Strategie auch strukturelle Veränderungen mit sich?
Stefan Fuchs: Ja, und die werden stark vom Thema „Kunden- und Marktorientierung“ vorangetrieben. Denn wir haben den Schritt von der lokalen Konzentration auf Sparten wie Automotive, Bergbau, Industrie oder Spezialitäten hin zu einer segmentierten Betrachtung des Marktes getan. Das heißt, wir haben Segmente definiert, die wir weltweit bedienen wollen. Wir sehen die Welt damit nicht mehr nur durch die Produktbrille, sondern nehmen Kundenbedürfnisse ganzheitlicher wahr und bedienen sie.

Wie muss man sich das konkret vorstellen?
Rouven Acquaviva: Eine Großbäckerei beispielsweise braucht Lebensmittelschmierstoffe für ihre Anlagen. Damit beliefern wir sie. Aber eigentlich braucht der Betrieb auch Motoröl für den Fuhrpark – das wir mitunter an diesen Kunden noch nicht liefern, weil der Mitarbeiter, der die Lebensmittelschmierstoffe vertreibt, sich eben nicht um den Vertrieb des Motoröls kümmert. Wenn wir nun ein Segment „Food“ bilden, dann wird der Mitarbeiter des Segments dieser Großbäckerei alles anbieten, was sie braucht, auch das Motoröl. Und dieses Beispiel können wir noch weiter ausbauen. Denn tatsächlich liefern wir über Lebensmittelschmierstoffe und Motoröle hinaus noch viele andere Produkte, die für eine solche Bäckerei von Relevanz sind. Unsere Produktpalette ist sehr breit, das ist eine unserer Stärken. Wir können alles liefern, weltweit.

Stefan Fuchs: Diese Stärke werden wir jetzt noch viel besser ausspielen. Durch die Segmentierung versetzen wir uns in die Lage, in allen für uns wichtigen Ländern Kunden in ihren Segmenten mit dem vollen Sortiment zu bedienen, nicht nur mit Teilen davon.

Das heißt, Sie haben bisher in manchen Ländern bestimmte Anfragen nicht bedienen können?
Stefan Fuchs: Richtig. Bisher war die allgemeine Marschrichtung der Tochtergesellschaften, zu wachsen und Profit zu machen. Dabei war es vollkommen in Ordnung für uns, wenn sie sich auf bestimmte Sparten konzentriert haben, ob Automotive, Bergbau, Industrie oder Spezialitäten. Mit der Segmentierung des Marktes nach Kundenbedürfnissen wollen wir überall unsere gesamte Produktpalette anbieten – also eine bessere Marktdurchdringung erreichen.

FUCHS hat den Markt in globale Segmente unterteilt, die weltweit bedient werden können. Hierzu gehören zum Beispiel der Automobilsektor, die Nahrungsmittelindustrie oder die Zement- und Glasproduktion. Daneben gibt es Sub-Segmente, die nicht überall auf der Welt relevant sind und daher lokal bedient werden.

Haben Sie Mitarbeiter, die für diese Segmente verantwortlich sind?
Rouven Acquaviva: Ja, die „Heads of Global Business Segment”. Sie unterstützen unsere Leute vor Ort – mit Kundenansprachen, Produktinformationen und dergleichen. Sie kennen die Anforderungen, Prozesse und Sorgen der Kunden und sind global für ihr Segment verantwortlich. Als strategische Sparringspartner für die Landesgesellschaften entwickeln sie gemeinsam mit diesen jeweils eine angepasste Strategie für ihr Segment. Dabei können wir auf unsere vorhandenen starken lokalen Teams bauen.

 

Mit Maßnahmen, die Strategie, die Struktur und die Kultur des Unternehmens betreffend, sollen Kernziele erreicht werden: Kundenorientierte Organisation, globale Sichtweise und profitables Wachstum sowie Kommunikation über Hie-rarchien hinweg und eine offene Feedbackkultur.

Neben Strategie und Struktur steckt in FUCHS2025 auch eine kulturelle Komponente. Was hat es damit auf sich?
Rouven Acquaviva: Die beste Strategie bringt uns nichts, wenn wir sie nicht umsetzen können. Und auf der Umsetzungsebene steht ganz stark im Vordergrund, welche Kultur wir innerhalb des Unternehmens haben. Die ist heute noch nicht so einheitlich und offen, wie sie sein könnte.

„Es war uns sehr wichtig, niemandem eine fertige Strategie aufzuzwingen. Wir haben sie gemeinsam entwickelt. So stehen alle hinter dem Ergebnis.“

Rouven Acquaviva, Head of Strategy Development

Eine einheitliche Unternehmenskultur? War es nicht bisher eine Stärke von FUCHS überall auf der Welt lokale kulturelle Wurzeln zu haben?
Stefan Fuchs: Unsere lokalen Wurzeln gehören zu unseren größten Stärken, und so soll es auch bleiben. Wer in China Geschäfte machen möchte, muss das auf eine andere Weise tun als in den USA, Deutschland oder Brasilien. Aber die FUCHS-Kultur, die Art und Weise, wie wir im Unternehmen miteinander umgehen, die soll einheitlich sein – global. Anders können wir die Ziele, die wir uns mit unserer Strategie gesetzt haben, in unserem global aufgestellten Unternehmen nicht erreichen.

Warum nicht?
Stefan Fuchs: Um unsere globale Stärke besser auszuspielen und Technologien schneller zu entwickeln, brauchen wir internationale Teams in denen beispielsweise Mitarbeiter aus Korea, Brasilien, China, Deutschland und den USA abseits der Hierarchie themenorientiert arbeiten. Mit dem heutigen Kulturverständnis bei FUCHS funktionieren solche Teams noch nicht optimal. Heute fließen oft zu viele Informationen über die Vorgesetzten und das ist viel zu schwerfällig.

Wie soll diese neue Kultur aussehen?
Rouven Acquaviva: Wir wollen – kurz gesagt – eine hierarchiefreie Kommunikation und eine offene Feedback-Kultur etablieren.

Wie wollen Sie diese Kultur etablieren?
Stefan Fuchs: Zum Beispiel mit Feedback-Trainings und der Entwicklung unserer „Soft-Skills“. Aber im Prinzip steckt diese Kultur bereits in unserer DNA, dem Fundament für unsere geschäftlichen Aktivitäten. Eine unserer grundlegenden Eigenschaften ist es schon immer, unternehmerisch zu sein. Jeder einzelne Mitarbeiter von FUCHS übernimmt Verantwortung für das Unternehmen. Die traditionellen Hierarchien zu verlassen und in Projektteams neue Verantwortung zu übernehmen – das passt zu uns.

Die Entwicklung von FUCHS2025 fand in einem internationalen Team namens „Strategiedialog“ statt. Neben Rouven Acquaviva besteht es aus 14 Kollegen: den drei CEOs der großen Landesgesellschaften Deutschland, China und den USA, Vertretern der Regionen Indien/Südostasien, Zentral- und Osteuropa und Südamerika, den Inhabern der globalen Funktionen für Forschung und Entwicklung, Supply Chain Management, Produktmanagement, IT und Finanzen sowie den Vertretern der drei Divisionen „Industrie“, „Spezialitäten“ und „OEM/Bergbau“.

Sie haben FUCHS2025 ganz und gar unternehmensintern und im Dialog entwickelt. Wie war das?
Stefan Fuchs: FUCHS ist ein Abbild der weltweiten Märkte und Kulturen. Traditionell sind unsere Landesgesellschaften sehr autonom. In ihnen wird das Geschäft umgesetzt, bei ihnen liegen Kundenkontakte, Umsätze, Kosten, Forschung und Entwicklung. Dementsprechend sind sie stark durch ihre Landesperspektiven geprägt. Als wir das erste Mal zusammengekommen sind, um mit der Entwicklung unserer Strategie zu beginnen, trafen unterschiedliche Vorstellung davon aufeinander, wie die gemeinsame Organisation voranzubringen ist. Da wurde durchaus heiß diskutiert.

Rouven Acquaviva: Deswegen war es uns sehr wichtig, niemandem einfach eine fertige, in der Zentrale entwickelte Strategie aufzuzwingen. Wir haben im „Strategiedialog“ alle relevanten Stakeholder an einen Tisch geholt und die Strategie gemeinsam entwickelt – alleine, ohne Hilfe externer Berater. So stehen nun alle hinter dem Ergebnis.

Stefan Fuchs: Und, was genau so wichtig ist: Wir haben es selbst in die Hand genommen. Das ist typisch FUCHS.

Eine Strategie ist nichts ohne die Menschen, die sie mit Leben füllen – gleich wo auf der Welt.